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April 19, 2024

Das italienische Lifestyle Magazine

Keramik aus Sizilien

Various decorated ceramic dishes, vases, and bowls for sale outside a souvenir shop in Erice, Sicily

Die Handarbeit macht den Unterschied!

Santo Stefano di Camastra, Caltagirone und Sciacca: Diese drei Städte gelten als die Keramikhauptstädte Siziliens. Noch heute werden die Geheimnisse der inseltypischen Töpferkunst eifersüchtig unter den Familien gehütet und von Generation zu Generation weitergegeben.
Tatsächlich wurde die hohe Kunst der Töpferei auf Sizilien bereits in prähistorischen Zeiten ausgeübt. Und angesichts der einzigartigen Formen und Motive stellen die Funde aus der damaligen Zeit ein unbezahlbares Menschheitserbe dar. Denn mittels der auf Sizilien entwickelten Techniken entstehen noch heute Kunstwerke, die mit keinen anderen Werkstücken vergleichbar sind.
Wir von ILI-Magazine waren unterwegs und einer der Firmeninhaber erklärt uns warum:
Welcher Art sind die Produktionsschritte, die sizilianische Keramiken durchlaufen? Einer der ersten Schritte besteht darin, möglichst hochwertigen Ton als Ausgangsstoff zu wählen. Wir verwenden dafür besten Tonerden aus heimischen Gruben, die dann verfeinert und von Steinen und anderen Verunreinigungen befreit werden, um sie so später manuell oder mit Hilfe einer Töpferscheibe formen zu können. Sobald das daraus modellierte Kunststück fertig ist, wird es zum ersten Mal gebrannt. Ein Prozess, durch den das Ausgangsstück zu ‚Terrakotta‘ wird, ein Begriff, der für unglasierte keramische Produkte steht. Jetzt folgt die Dekorationsphase, wozu typische sizilianische Motive mit einem speziellen Lack von Hand auf das Objekt aufgetragen werden. Es folgt noch ein zweiter Brand bei etwa 100 Grad Celsius und das Produkt ist fertig. Vor uns haben wir dann eine der berühmten Majolika-Keramiken.
Worin liegt der Unterschied zwischen handgefertigten und fabrikgefertigten Keramiken? Das beginnt schon bei der Tongewinnung, bei der sich die Kompetenz der Keramikmeister zeigt. Große Fabriken setzen hier auf mechanische Bagger, die den Rohstoff schlicht auf Transportbänder verladen und sich dann nicht mehr darum
kümmern, guten von schlechtem Ton zu trennen. Echte Töpfermeister verwenden für ihre Kreationen lediglich die besten und seltensten Tonerden. Roter Ton für Kochgeschirr und formbare, dunklere Sorten für andere Zwecke. Großunternehmen setzen da gerne auf chemische Prozesse, um die Objekte formbarer zu machen. Sie bescheiden sich üblicherweise auch mit einem Brennprozess, und auch für die Dekoration der Waren wird keine große Zeit aufgewendet. Was macht die lokale Keramiktradition Siziliens so speziell und einzigartig? Keramiken, die aus Santo Stefano di Camastra stammen, gleichen hinsichtlich Qualität und Verarbeitung jenen, die in Caltagirone produziert werden. Die Kollegen in Caltagirone fertigen ihre Majolika-Keramiken nämlich mittels der gleichen Töpferverfahren wie wir. Die so gefertigten Produkte sind in Stil und Dekoration allesamt aus der Zeit des maurischen Spaniens beeinflusst, womit sie wiederum Töpferwaren ähneln, die andernorts in Italien, etwa in Vietri und Salerno, oder etwa Spanien selbst hergestellt werden. Keramikgeschirr aus Zentral- und Norditalien hingegen, orientiert sich eher am Renaissance-Stil.
Sizilianische Keramik baut auf alte Traditionen. Bleibt da noch Raum für Innovationen? Bereits in den siebziger Jahren, als andere Töpferzentren noch einen eher barocken Stil pflegten, begannen die Keramikmeister Santo Stefano di Camastras mit gänzlich neuen und wirklich ästhetischen Modellen zu experimentieren. Das lag auch an der steigenden Zahl an Handwerkern in der Stadt (damals wohl um die 120), die neue Motive, Modelle und Formen entwickelten, was wiederum zur Erstellung einer ganzen Reihe neuer Produktlinien führte.
Die Liebe zum handwerklichen Detail spiegelt sich auch im Preis wieder? Es ist richtig, dass handgefertigte Produkte etwas teurer als Fabrikwaren sind. Aber dafür wird bei uns auch alles manuell hergestellt. Nichts wird lieblos in Serie produziert, und Exklusivität erfordert sehr viel Entwicklungsarbeit. Wir konzentrieren uns eben nicht bloß darauf, den Herstellungsprozess zu beschleunigen, wir konzentrieren uns auf das Kunstobjekt selbst. Wer dazu als Handwerker nicht bereit ist, sollte einen anderen Karriereweg wählen. Das Töpferhandwerk ist überhaupt ein edler Beruf, der älteste überhaupt. Der erste Wissenschaftler überhaupt, das war für mich jemand, der durch Drehen und Formen von Ton die erste Keramik entwickelte, und so gewissermaßen die Jungsteinzeit gekickstartet hat. Und es ist dieser Tradition geschuldet, der Sizilien bis heute jedes Jahr Millionen von Besuchern zu verdanken hat.

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